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Warum Berliner Bier jetzt aus Amerika kommt
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Warum Berliner Bier jetzt aus Amerika kommt

Ein Gespräch mit Stone Brewing Gründer und Geschäftsführer Greg Koch.

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Mason

Mason

Kontributor

Berlin ist Deutschlands Bier-Stadt Nummer Eins. Doch was qualifiziert sie dazu? Dass das Bier in der Stadt gebraut wird, reicht alleine nicht aus. Es muss ein Spiegelbild seiner Einwohner sein und sie in all ihren Facetten repräsentieren.
Ohne ihre Einwohner ist eine Stadt lediglich eine leblose Ansammlung von Gebäuden. Menschen sind essentiell für die Entwicklung urbaner Räume. Mehr noch als lediglich ein bestimmtes Gebiet in Besitz zu nehmen, prägen sie es mit ihrer kollektiven Persönlichkeit. Die Stadt beginnt einem lebenden Organismus zu gleichen, der mittels eines symbiotischen Verhältnisses Energie und kreative Impulse mit seinen Bewohnern austauscht. Du gestaltest deine Stadt und deine Stadt gestaltet dich – deine Gedanken, deine Worte, dein Verhalten und deine Überzeugungen. Das macht das Leben in ihr aus.
Und das ist genau, was Berlin von anderen Städten unterscheidet. Seit Jahrzehnten genießt die deutsche Hauptstadt den Ruf einer kreativen und toleranten Stadt, in der der Einzelne die Möglichkeit hat persönliche und gesellschaftliche Grenzen zu testen. Eben dieser Aspekt zieht Expats und Abenteurer aus allen Ecken der Welt in die Stadt. Viele bringen einen reichen Schatz an Erfahrung mit, sowohl in kreativer als auch in handwerklicher Hinsicht und tragen so zu der Attraktivität Berlins bei. Vor allem in der Gastronomie durchläuft die Stadt derzeit eine Renaissance, die unter anderem auf einem wachsenden Interesse am kulinarischem Handwerk, einer Verschmelzung verschiedener ethnischer Küchen und einem stetigen Nachschub an Neuankömmlingen und Quereinsteigern gründet. Einer von ihnen wird mit seinem Beitrag sicher einen bleibenden Eindruck in Berlin hinterlassen.
Diesen Sommer wird Stone Brewing – Amerikas neuntgrößte Craft-Beer-Brauerei – die Eröffnung ihrer ersten Deutschen Niederlassung in Berlin feiern. Die Anlage, die Stone Brewing für 25 Millionen Dollar zwei Jahre zuvor erworben hatte, ist in einem alten Gaswerk im Stadtteil Mariendorf untergebracht. Daneben wird der Standort auch ein Verpackungs- und Distributionszentrum sowie ein Restaurant – Stone Brewing World Bistro & Gardens – beherbergen.

Die Brauerei im ehemaligen Gaswerk.

Die Eröffnung einer amerikanischen Brauerei in Berlin mag für viele kein nennenswertes Ereignis darstellen, sind Niederlassungen amerikanischer Unternehmen in Deutschland doch keine Seltenheit. Jedoch ist das Craft Beer, die sie brauen, Teil eines wachsenden globalen Trends. In Deutschland hat Craft Beer im Gegensatz zu anderen Ländern nur sehr langsam Fuß fassen können, was vor allem am Deutschen Reinheitsgebot liegt. Mit der Eröffnung ihrer Brauerei jedoch, versöhnt Stone Brewing Innovation mit jahrhundertealter Tradition.
Ich hatte die Ehre mich mit Greg Koch, Mitgründer und Geschäftsführer von Stone Brewing, über Craft Beer und seine Vision für Stone Brewing Berlin zu unterhalten.

Greg Koch, Geschäftsführer und Mitgründer von Stone Brewing.

„Wie würdest du das Konzept von Craft Beer jemanden erklären, der zuvor noch nie davon gehört hat?“ will ich als erstes von Greg wissen.
„Authentische, traditionelle deutsche Bierstile sind wie klassische Musik. Es gibt sie bereits seit Generationen, seit Hunderten von Jahren. Sie sind nuancierte und erlesene Kunstwerke. Craft Beer und unsere Arbeit bei Stone Brewing ist eher Rock and Roll. Wir gehen neue Wege. Manchmal sind wir ein wenig lauter mit unseren Bieren. Jedoch brauen wir auf einem hohen Niveau. Die Industrie-Biere, die sich weltweit leider größter Beliebtheit erfreuen, sind das Äquivalent von Fahrstuhlmusik. Sie klingt vertraut, du erkennst sie. Trotzdem ist es nichts weiter als eine blasse Reproduktion ohne Seele und Charakter,“ erklärt er.

Craft Beer von Stone Brewing.

Stones laute, Rock’n’roll-schwangere Braukunst genießt wachsendes Interesse in Berlin. Ihre Biere finden sich bereits in etlichen Restaurants. Der Vertrieb soll in den nächsten Monaten ncoh weiter ausgebaut werden.
Aber nicht alle heißen Craft Beer willkommen. Deutschland ist ein Land mit einer reichen Brautradition und sehr strengen Qualitätsrichtlinien. Es ist daher verständlich, dass deutsche Verbraucher eher skeptisch sind gegenüber Bier, das nicht unter das Deutsche Reinheitsgebot fällt. Jedoch wird Stone Brewing in den USA und auch in anderen Ländern für ihre selbstauferlegten Qualitätsstandards geschätzt. So sind sie ein strenger Verfechter biologischer Landwirtschaft. Ist es also fair Stone Brewing abzulehnen? Um etwas Klarheit in die Sache zu bringen, habe ich mich mit Prof. Dr.-Ing. Frank-Jürgen Methner, Leiter des Fachgebiets Brauwesen an der TU Berlin, unterhalten.
“Das Reinheitsgebot hat nichts mit Qualität zu tun“, so Methner. “Ursprünglich handelt es sich um ein Verbraucherschutzgesetz, da es die verwendeten Rohstoffe, den Preis und den Handel von Bier regelt. Meiner Meinung nach ist Qualität das Vermögen eines Herstellers ein Produkt auf relativ gleichbleibendem Niveau herzustellen. Das ist sowohl als kleiner als auch als großer Hersteller möglich. Als Brauer kann ich das innerhalb oder außerhalb des Reinheitsgebots bewerkstelligen. Vorausgesetzt es ist gemäß angemessenen Lebensmittelgesetzen hergestellt, ist der Genuss ausländischer Biere nicht gefährlich für Konsumenten.
Greg Koch gibt Hernn Methner Recht. Als amerikanischer Craft-Brauer war er sich bereits im Vorfeld bewusst, dass es Konsumenten skeptisch sein würden. Jedoch ist er überzeugt von der Qualität seiner Biere und lässt sie gerne für sich sprechen.
„Meine persönliche Philosophie mit Stone ist es stets die Wahrheit zu sagen. Wir wollen ehrlich und direkt sein. Wir wollen uns öffnen und den Leuten zeigen, was wir machen. Wir wollen unsere Leidenschaft mit ihnen teilen. Wir wollen aber niemanden von irgendetwas überzeugen. Wenn du aber interessiert bist, führen wir dich gerne herum und zeigen dir wofür wir brennen. Komm also vorbei. Wir freuen uns.“
Mit Greg Kochs sowohl selbstbewusster als auch zuvorkommender Art sein Bier zu vermarkten, passt Stone Brewing perfekt nach Berlin. Wie bereits erwähnt, ist es nicht das Bier selbst, das Berlins Ruf als aufstrebende Gastro-Stadt prägt, sondern die kreative Arbeit passionierter Individuen, die Teil einer wachsenden Gemeinschaft sein wollen. Doch es wäre vermessen, Greg Koch lediglich als einen Mitläufer zu bezeichnen. Stone Brewing ist in den USA bekannt für seine regelmäßige Zusammenarbeit mit anderen handwerklichen Lebensmittelherstellern. Für das Stone World Bistro & Gardens Restaurant in Kalifornien verwenden sie bevorzugt Zutaten und Rohstoffe lokaler Produzenten – eine Tradition, die sie in ihrer Berliner Dependance fortführen.

Das Innere der Brauerei, während der Renovierungsarbeiten.

„Wir sind stets auf der Suche nach herausragenden Partnern. Beispielsweise bieten wir Kaffee von verschiedenen Röstereien, darunter 5 Elephant, und Schokolade von Belyzium, einer kleinen Berliner Manufaktur. Und das ist erst der Anfang. Sie müssen aber nicht zwingend klein sein. Was zählt, ist Qualität. Wir wollen uns mit ihnen kurzschließen und mehr über ihr Handwerk erfahren. Genau das tun wir bereits. Wir haben so viele großartige Kontakte geknüpft. Das beste was Berlin und Deutschland zu bieten hat, wirst du bei uns im Restaurant finden. Das ist Teil unserer Philosophie.“
Ob und wie erfolgreich Stone Brewing in Berlin, Deutschland und Europa als Ganzes ist, wird sich noch zeigen. Im Moment sieht die Zukunft aber vielversprechend aus. Greg Koch und seine Mitarbeiter haben bereits nach kurzer Zeit bewiesen, dass ihr Unternehmen mehr ausmacht, als die Produkte, die es verkauft. Hinter jedem Tropfen Bier, stehen passionierte und engagierte Individuen, denen gutes Handwerk am Herzen liegt.
Stone Brewing Berlin

Verfasst am 29. Mai 2016

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