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Die minimalistische französische Küche und eine Ode an Julia Child
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Die minimalistische französische Küche und eine Ode an Julia Child

Plus 10 Lebens- und Küchenweisheiten, übernommen von einer Legende

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Was ist eine "gute Küche" und was bedeutet "französische Küche"? Wann können wir von einer "gelungenen Mahlzeit" sprechen? Von letzterem natürlich erst einmal dann, wenn wir satt geworden sind. Und darüber hinaus? Eine höchst subjektive Angelegenheit. Meistens jedenfalls. Für mich geht es dabei immer um so wenige Zutaten wie möglich und so viele wie nötig. Qualität vor Quantität. Dabei bitte saisonal und lokal wo es nur geht, weil es tatsächlich besser schmeckt und die Umwelt bedacht wird. Simple Gerichte mit einer Fülle an Aromen, darum geht es bei uns. Minimalistische Rezepte mit der Reduktion auf das Wesentliche, weil weniger vor allem auf dem Teller fast ohne Ausnahme mehr ist.

Meistens lässt sich diese Faustregel auf jede Mahlzeit herunterbrechen. Sei es Pizza, Pasta oder ein klassisch französisches Gericht wie Artischocken mit zitroniger Vinaigrette oder saftige Lammkeule aus dem Ofen. Und genau das, die minimalistische französische cuisine, ist für mich auch eng verknüpft mit einer besonderen Frau, die genau diese, erst für viele Amerikaner und dann darüber hinaus, nahbarer gemacht hat. Die Rede ist von Julia Child.

Lammkeule aus dem Ofen

Lammkeule aus dem Ofen

Wenn ich an Julia Child denke, dann denke ich an eine gemütliche, vergnügte, große und zugleich quirlige (und lustige!) Frau, die sich selber nicht zu ernst nimmt. Ich denke an Meryl Streep, die Julia Child im 2009 verfilmten Buch Julie & Julia überragend verkörpert hat, wie ich finde. Und in Gedanken danke ich beiden des Öfteren, dass sie die große französische Küche in unser Bewusstsein und in unseren Alltag gebracht und sie so für jeden zugänglich gemacht haben. Ein kurzer musikalischer Exkurs: Édith Piafs Padam padam ist der Soundtrack dieses Artikels. Für das Frankreich-in-den-eigenen-vier-Wänden-Gefühl.

Für die, die sie nicht kennen: Julia Child ist eine Legende. Punkt. Eigentlich reicht das. Und etwas ausführlicher: Nicht nur sofort ab dem Zeitpunkt, als sie in den 60er-Jahren im amerikanischen Fernsehen auftauchte und den Amerikanern die französische cuisine näher brachte, sondern auch noch heute, möchte man mindestens so viel über Julia Child als Person herausfinden, wie über ihre Gerichte (boeuf bourguignon oder sole à la meunière zum Beispiel), die mit wenigen, aber dafür qualitativ hochwertigen Zutaten auskommen. Die große und edle französische Küche auf minimalistisch sozusagen.

So geht das Leben – nach Julia Child

Ich bin ganz offensichtlich ein großer Julia-Fan. Durchforstet man aber das Internet, findet man viele weitere Stimmen, die so oder so ähnlich sagen: Julia Child ist meine Heldin und mein absolutes Vorbild in der Küche. Sie gehört also fast genau so in die Küchen dieser Welt wie ein ausdauernder gusseiserner Bräter. Es lohnt sich, ihre Weisheiten ohne großes Drumherumgerede und kleinen aber dennoch wertvollen Tipps zum Leben und dem Überleben in der Küche zu inhalieren und ab sofort anzuwenden. Hier also ein paar kluge Ratschläge à la Julia Child:

« The only real stumbling block is fear of failure. In cooking you’ve got to have a what-the-hell attitude. »

Die Angst zu versagen legt einem die größten Steine in den Weg. Sie sagt: Wenn es ums Kochen geht, dann solltest du dir eine Was-auch-immer-Einstellung antrainieren, falls du sie noch nicht besitzt. Sich nicht so ernst nehmen, in der Küche wie im Leben, dann klappt das alles schon.

« Don't just cook, it's important that you educate your palate by dining in fine restaurants. »

Julia war der Überzeugung, dass man, um ein guter Koch zu werden, auch seine Zunge, seinen Gaumen, seinen Geschmack trainieren muss. Am Besten geht das in (edlen) Restaurants, aber auch im Alltag, wenn du ganz genau hinschmeckst und ab und zu versuchst, jede Zutat, jedes Gewürz und jede Zubereitungsart genau zu bestimmen. Übung macht den Meister.

« Usually one’s cooking is better than one thinks it is. And if the food is truly vile, as my ersatz eggs Florentine surely were, then the cook must simply grit her teeth and bear it with a smile—and learn from her mistakes. »

Vielleicht kennen es manche von sich oder von anderen: Schon bevor überhaupt der erste Bissen seinen Weg in den Mund findet, entschuldigt sich der Koch oder die Köchin bei den Gästen für das scheinbare Desaster auf den Tellern. Meistens jedoch schmeckt es den anderen besser als man es selber für möglich gehalten hätte. Und falls doch mal ein Rezept in die Hose geht: Zähne zusammenbeißen, lächeln – und aus den eigenen Fehlern lernen. So einfach ist das und vor allem ist es meistens nur halb so schlimm.

« Everything in moderation, including moderation. »

“Alles in Maßen, auch die Maßen.” Vermutlich ist das völlig falsch übersetzt (also lächeln, aus den eigenen Fehlern lernen usw.), es soll dir aber sagen: Nicht zu viel, nicht zu wenig von allem. Immer schön die Balance halten und dann auch immer mal über die Stränge schlagen. Sonst macht das alles ja auch keinen Spaß.

« People who love to eat are always the best people. »

Dieses Zitat ist vermutlich niemandem neu, darf aber natürlich nicht fehlen: Die Menschen, die es lieben zu essen, sind immer die besten Menschen. Das sind nämlich die Genießerle unter uns. Entschuldigt mein Schwäbisch.

« I enjoy cooking with wine. Sometimes, I even put it in my food. »

Lasst uns diese Zeile ganz unkommentiert so hinnehmen und uns über Julia Childs herrlich unbekümmerte Art freuen.

Julias Tipps und Tricks für deine Küche

Weil Julia Child ja bekanntlich eine bemerkenswerte und einflussreiche Köchin war, kommen hier nun ein paar praktische Tricks für deine (raffinierte französische) Küche:

Was bringt Geschmack in mein Essen?

Julia ist dieser Meinung: Nicht mit Wasser köcheln, lieber mit Sahne, Wein, Brühe, Zitronensaft oder allem anderen, allem außer Wasser. Das macht jedes Gericht um Längen schmackhafter. Meine Zustimmung hat sie. Und noch ein Tipp, der in dieselbe Richtung geht: “Mit Butter ist alles besser.” Nur für den Fall, dass du noch nicht gänzlich überzeugt wurdest: “If you’re afraid of butter, use cream.” Benutze einfach Sahne, wenn du Angst vor Butter hast. Was soll ich sagen...

Wie vermeide ich, dass Pilze matschig werden?

Julia sagt dazu: “Don’t crowd the mushrooms.” Brate sie nicht alle gleichzeitig in der Pfanne, sondern lass ihnen Platz und gebe ihnen somit Raum zum Atmen. Das brauchen sie, weil Pilze, wenn sie mit Hitze in Berührung kommen, relativ viel Wasser verlieren. Wenn die Pfanne also zu voll ist, dann werden sie gegart statt knusprig-braun zu werden.

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Artischocken mit Zitronen-Vinaigrette

Artischocken mit Zitronen-Vinaigrette

Du brauchst mildere Schalotten für ein Rezept, hast aber nur noch Frühlings- oder Gemüsezwiebeln?

In ihrem Buch Französisch kochen geht es ohne Schalotten quasi nicht, weil sie ein unvergleichlich mildes und süßes Aroma in die Gerichte bringen. Fast jeder hat immer normale weiße Zwiebeln zuhause: Schneide sie sehr fein und koche sie für 1 Min. in Wasser, um ihre Schärfe zu mildern oder nutze den weißen Teil von Frühlingszwiebeln.

Wie kann ich Brühe aus dem Glas verfeinern?

Julia schlägt vor: Füge etwas Weißwein und Sellerie, Karotten und Zwiebeln jeweils fein gehackt hinzu. 15 Min. köcheln lassen – viel besser! Das funktioniert übrigens auch bei Fertigsoßen wie Sauce Hollandaise. Hierfür kannst du Weißwein, Zitronensaft und eine Schalotte verwenden.

Was, wenn ich zu viele Eiweiße übrig habe?

Einfach in Muffinblechen einfrieren! Das Eiweiß von zwei Eiern ergibt in etwa ¼ cup/61 g. Sobald die Portionen gefroren sind, kannst du sie ohne Blech im Gefrierfach lagern und bei Bedarf auftauen lassen. Sie lassen sich dann immer noch ganz wunderbar fluffig aufschlagen.

5 klassische französische Techniken für den Alltag

Die französische Küche gilt als die Grundlage all dessen, was wir – auch du – jeden Tag in der Küche machen. Sie legte den Grundstein für alle Zubereitungsarten, die heute beim Small Talk fallen oder in den Großküchen dieses Landes angewendet werden. Sie gilt aber gleichzeitig auch als sehr edel, fein, extravagant und für manche (Hobby-)Köche auch als unzugänglich. Dabei ist sie, genau wie auch Kunst, für jeden gemacht und vor allem mach- und nachahmbar. Wenn du die folgenden 5 Techniken bis zum heutigen Tag nicht eh schon angewendet hast oder sie sogar beherrschst, dann hast du sicher zumindest schon mal ihre Bezeichnungen aufgeschnappt: 

Pochieren

Wer pochiert, der gart Lebensmittel, wie zum Beispiel Eier, in siedendem Wasser. Pochierte Eier sind sehr bekannt, aber auch Fisch gehört zu den Zutaten, die gerne siedend und somit schonend gegart werden, weil sie bei hoher Hitze ansonsten zu zerfallen drohen.

Konfieren

Der Begriff kommt von confire was einlegen, einmachen oder einkochen bedeutet. Wer confiert, der lässt meistens Fleisch bei niedriger Temperatur in Öl oder im eigenen Fett ziehen. Die Aromen werden konzentriert, alles schmeckt besser (wegen dem Fett). Der Nachteil: Es ist nicht die gesündeste aller Zubereitungsarten (wieder wegen dem Fett). Berühmt ist vor allem Gänseconfit, aber auch Früchte oder Gemüse lassen sich einlegen. Dann aber in Zuckersirup bzw. Essig.

Gougères (Französische Käsewindbeutel)

Gougères (Französische Käsewindbeutel)

Sautieren

Das französische Wort sauter kann mit springen oder hüpfen übersetzt werden. Gemüse-, Fleisch- oder Fischstücke werden bei hoher Hitze in einer Pfanne oder einem Topf gerührt und geschwenkt und “hüpfen” demnach im heißen Öl auf und ab.

Flambieren

Hierbei werden Zutaten sehr, sehr hoch erhitzt und mit hochprozentigem Alkohol (Brandy, Rum)  z. B. übergossen, der dann sehr schnell verbrennt. Meistens ist auch eine kleine Flamme im Spiel, die dann ein besonderes Aroma auf dem Gericht hinterlässt.

Karamellisieren

Wer karamellisiert, der oder die arbeitet mit Zucker. Für Karamell wird dieser so stark erhitzt, dass sich nicht nur seine Farbe (bräunlich) und seine Konsistenz (zähflüssig), sondern auch sein Geschmack (süß-nussig) verändert. Aber nicht nur weißer Zucker verändert sich so, sondern auch der natürliche Zucker in z. B. Zwiebeln. Diese karamellisieren auch und verfärben sich bräunlich, wenn man sie bei hoher Hitze anbrät.

So, die Theorie steht, jetzt geht es an die Praxis und du bist dran – bon appetit! Wie Julia Child an dieser Stelle vermutlich schrill und vergnügt ausrufen würde.

Sole à la meunière mit Kapern und Zitrone

Sole à la meunière mit Kapern und Zitrone

Hast du auch etwas von Julia Child gelernt? Verrate es uns in den Kommentaren – wir freuen uns auf neue Tipps, Tricks und Lebensweisheiten par excellence!

Verfasst am 19. Oktober 2019

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